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Apo Island

© "Nik"Klaus Polak, Bonn, Germany

Erstellt: Mai 2004

Verzeichnis aller Reiseberichte
Übersichtsseite Philippinen

Übersicht

Abspann

(Mitte Mai)

Die Abfahrt der Auslegerfähren am Pier von Malatapay (Maluay) ist recht unübersichtlich. Touristen wird meist für 200 P pro Person ein "special ride" aufgedrängt, die "öffentlichen" Fähren fahren ohne festen Plan unregelmäßig meist am sehr frühen Morgen, ggf. nochmals Mittags sowie am späten Nachmittag (und unkalkulierbar zwischendurch) und kosten um die 40 P. Wer Nylonjacke oder ähnliches dabei hat, sollte sie nutzen, auch Ohrenstopfen sind sinnvoll.
Eine handvoll vulkanische Basalthügel bilden 72 ha Apo Insel, nicht zu verwechseln mit dem Apo Riff vor der Westküste Mindoros, 7 km vor der Südküste Negros mit einer Ausdehnung von etwa 1500 x 700 m. In 30 min ist man bei ruhiger See mit einem kleinen Auslegerboot zu den Koordinaten 9° 05' Nord, 123° 15' Ost gelangt, bei stärkerem Wellengang, und der herrscht in dieser Straße oft, kann es auch länger dauern. Die Fahrt ist für Verzagte nicht unbedingt ein Vergnügen, Adrenalinsüchtige werden sich freuen für wenig Geld eine Berg- und Talfahrt zu erleben, die in westlichen Vergnügungsparks das x-fache kosten würde. Wer Glück hat wird auf der Überfahrt Delfingruppen sehen, ganz, ganz selten soll auch mal ein Wal, vielleicht von der University of Wales (siehe "Yellow submarine"), vorbeischwimmen.
Ca. 700 Menschen, davon 25% Kinder (! - es gibt noch wenig TV, Karaoke, ... ) leben auf dem Eiland an der Grenze zwischen Mindanao See und Sulu-See. Zum ersten Mal seit Verlassen von Manila hören wir kein "hey Joe" und fühlen uns nicht nur deswegen sofort wohl.
Erst seit 2002 existiert ein Generator, der von (ohne Gewehr ;-) 8-11, 15-17 und 18-22 Uhr Strom liefert, dann werden die sowieso nicht vorhandenen Bordsteine endgültig hochgeklappt. ACHTUNG! Angeblich weicht offizielle Inselzeit von der Negroszeit um +10 min ab - nicht dass es zu Missverständnissen bei Terminabsprachen kommt.
1983 startete die Silliaman Universität von Dumaguete zunächst gegen den Widerstand der ansässigen Fischer ein zukunftsweisendes Umweltprojekt, das nun seine Früchte für Anwohner und Umwelt trägt. Etwa 640 ha Meeresgebiet an der Ostküste wurden als absolute Schutzzone ausgewiesen, in der jegliche Form von Fischfang verboten ist. Im Gegenzug kassieren die Einwohner 75% des Touristeneintrittsgeldes, das derzeit 100 P zzgl. 50 P / Tag für Schnorcheln in dem geschützten Gebiet beträgt. Taucher beteiligen sich mit 200 P / Tag. Das Geld kommt der ganzen Gemeinde zugute, z.B. wurden damit Wassertanks gebaut, der Generator gekauft, ein Boot angeschafft ... . Trotz der abgeschiedenen Lage zeigt der "relativ hohe" Lebensstandard, dass es sich für fast alle gelohnt hat. Die restlichen 25% fließen der Umweltschutzvereinigung zu.
Die Fischwelt sowie die gesamte Fauna und Flora rund um die Insel ist qualitativ und quantitativ als ungewöhnlich gut und sehr vielfältig einzustufen. Großfische fehlen allerdings entgegen anderen Berichten.
Nicht verschweigen möchten wir allerdings die für den durchreisenden Touristen kaum erkennbaren mangelhaften hygienischen Verhältnissen. Ein (vorbestelltes) Essen in einem der nicht immer als "Restaurants" erkennbaren Hütten stellt schon ein gewisses Risiko dar, Getränke genießt man besser aus der Flasche als aus den Gläsern. Es mangelt praktisch an allem. Dies fängt mit der Einsicht um eine erträgliche, primitive Sauberkeit an und endet beim "Trinkwasser" aus dem Dorfbrunnen. Kinder, die die ersten Jahre überleben, dürften so ziemlich alle Antikörper in sich tragen, die auf -itis enden.

Unterkünfte

Beide Resorts verfügen über gute Tauchbasen, die Ausrüstung im Apo Island Beach Resort ist - gerade gegründet - jüngeren Datums, dafür hat Paul's Diving die längere Erfahrung auf der Insel. Während ich in anderen Basen üblicherweise immer die Preise incl. Material genannt bekam, besann man sich dort auf excl. und addierte es mir am Ende des Aufenthaltes vor meinen erstaunten Augen!
Bei beiden Resorts kann neben Cash in P, $ und € mit VISA- und MasterCard bezahlt werden. Allerdings ist sie zur Überprüfung einen Tag zuvor vorzulegen und es werden 6% Kommission berechnet.

Ausflüge

Ein schöner, etwas konditionsverlangender Spaziergang (Hinweg ca. 30 min) lässt sich zum Leuchtturm an der Nordseite unternehmen. Dabei kann man den auffallenden gelbschwarzen Oriolus chinensis chinensis beobachten, auch Prachtfregattvögel 35 stellen sich gelegentlich ein, insbesondere bei aufkommendem Starkwind. Direkt neben Pauls's Diving führen insgesamt 315 Betonstufen, nicht mitgerechnet die 2 vor dem Leuchtturm und den weiteren 23 Leiterstiegen hinauf zu ihm und bewältigen etwa 140 Höhenmeter. Von dort hat man einen Ausblick auf den Vulkan Cuemos de Negros (1904 m), die Silhouetten von Cebu, Siqujor und Mindanao. Ansonsten existiert auf der nicht besiedelten, kleinen Hochfläche eine ausgedünnte, trockene Vegetation mit einzelnen großen Mangobäumen und Bambus. Einige Rinder bemühen an den trockenen Grasbüscheln satt zu werden, bewirtschaftete Felder konnten wir nicht entdecken. Quellen gibt es auf der Insel nicht, die Bewohner versorgen sich mit Brackwasserbrunnen und müssen von Negros frisches Wasser aufkaufen und in Kanistern nach Apo transportieren (ca. 30 P für den 20 l - Kanister für Touristen).
Ein weiterer Ausflug (ähnlich etwas anstrengend wie zum Leuchtturm, Hinweg ca. 40 min, bei Regen feste Schuhe!) führt zu dem 30-Seelen-Dorf Cogon an der Nordostseite der Insel. Startet man an der Dorfschule, so hält man sich auf dem betonierten Weg links, geht am Dorfbrunnen vorbei und ist falsch, wenn man das Mangrovengebiet erreicht. Besser man fragt kurz vorher nach dem Weg, der versteckt an Hütten vorbei, dann über Betonstufen einen ersten Hügelkamm überwindet. Von hier hat man einen Blick über fast das gesamte Dorf, sieht durch die bedeckende Vegetation allerdings nicht viel.
Als Dank für die Mühe des Aufstiegs darf man nun wieder die gesamten 90 Höhenmeter recht ausgesetzt hinab, durchläuft eine kleine Senke, vorbei an einem Schöpfbrunnen und quält sich nun wieder einen ähnlich hohen Hügelkamm hinauf. Umso bequemer läuft es sich über komfortablen Betonstufen bis zu dem winzigen Fischernest hinab. Es wird einem gewiss sein, dass sich zumindest die Kinder scharen und die unausgesprochene Frage stellen "Was willst du denn hier???". Eine Antwort darauf kann ich nicht geben. Auch dieses Ende der Welt ist inzwischen für einige Stunden am Tag verstromt, es gibt selbstverständlich einige Fernseher und natürlich Handys. Was allerdings einige Spezialisten aufhorchen lassen wird: am Strand habe ich einige besonders farbenprächtige Operkuli gefunden!
Wer den mühsamen Weg nicht wieder zurück will und ein wenig einfache Kletterei nicht scheut, kann (nicht bei Flut) dem Strand nach Süden folgen und sich über zweihundert Meter Felsküste zu dem nächsten Strand vorarbeiten. Dies ist zumindest nicht ganz so beschwerlich wie über den Höhenkamm. Danach ist allerdings kein Weiterkommen mehr. Ein Pfad führt vom Strand ins Inselinnere, vorbei an einer Mangrovenlagune bis nach einigen Metern wieder der oben erwähnte Schöpfbrunnen und der vorherige Weg erreicht ist.

Unterwasser

Auf der Insel lässt sich hervorragend schnorcheln! Dies betrifft auch die Negros zugewandte Seite (aber Achtung vor dem meist starken Bootsverkehr!). Neben den vielfältigen Weich- und Hartkorallen fallen besonders am Felsenvorsprung rechts etliche Gasblasenquellen auf, die ich unter die Kategorie "aktiver vulkanischer Untergrund" einordnen würde, was mir allerdings niemand bestätigen konnte. Aber der Vulkan auf Negros ist recht nahe und die dortigen "Schwefel"quellen sowie der Ausflug zu dem Geothermalkraftwerk zeigen seine heiße Zone weiterhin an.
Leider lässt man hier noch immer die Anker zufallsmäßig fallen, Ankerbojen wären dringend erforderlich, da selbst diese Hafenseite mehr intakte Korallen als anderen Orts geschützte Vorzeigeobjekte aufweisen kann.
Für uns war das mit Abstand beste Schnorchelgebiet allerdings die Schutzzone auf der Ostseite - wer es ernst mit dem Umweltschutz meint, lässt dazu 50 P in den Gemeinschaftstopf fallen. Rechts in der Bucht vor der Felsenspitze fanden wir mehrfach eine dichte Schule aus etwa 200 Großaugen-Makrelen 107 von etwa 30 - 40 cm Größe in nur 2-3 m Wassertiefe, die uns auf einen Meter herankommen ließen. Mit viel Glück habe ich dann auch noch ganz in der Nähe beim Tauchen einen vielleicht 1.20 m großer Giant Travelly 106 gesehen, der in nur 3-4 m Tiefe 10 min lang seine engen Kreise um einen Korallenblock drehte, um mich anschließend für eine Weile neugierig dicht, d.h. in 1 - 4 m Entfernung, zu umkreisen. Deutlich waren seine Schuppen und ein circa 20 cm langer Schiffshalter zu erkennen, der auf der hinteren Seite herumflatterte, als befinde er sich auf Schmieröl.
Auch beim Schnorcheln lässt sich alles Mögliche wie nur beispielsweise Kugel-, Feilenfische und Seeschlangen, sowie eine prachtvolle, ungewöhnlich bunte Vielfalt von Weich-, Leder- und Hartkorallen beobachten. Viele prachtvoll gezeichnete Papageienfische sind auszumachen. Am besten aber ist Clownfish-City! Hunderte dieser Anemonenfische auf engstem Raum zu erleben, darunter sogar einen Albino, das haben wir so noch nie gesehen. Meine Schwester Pia (die sich rührend auf meinen Reisen um alle Probleme zu Hause kümmert) und ihr Mann Ulrich hätten ihre hellste Freude. Bei einer Sicht bis zu >20 m fühlt man sich wie in einem Aquarium, an drei Fingern können wir abzählen, wie oft wir einen derartigen Artenreichtum auf unseren Reisen erlebt haben.
Auch das Tauchen erweist sich als Besonderheit, wenn auch der häufig kolportierte Hammerhai schon seit Jahren ausgeblieben ist, auch mangelt es an anderen Großfischen, dafür wird man anderweitig ausreichend entschädigt.
So heißt es z.B. in Cogon: runter, rasch noch die Königsmakrele 108 von gut einem Meter Größe bewundern und dann: fasten seatbelt - und ab geht der D-Zug, vorbei an einer geneigten Wand, gespickt mit einzelnen Hart- und Weichkorallenstöcken. Erster Stopp. Die Strömung endet abrupt und wir stehen vor einer Wand aus etwa 800 Großaugen-Makrelen 107. Wieder in die Strömung eingeklinkt geht die Fahrt weiter. Kaum Zeit Einzelheiten wahrzunehmen, viele Nacktschnecken werden für immer unentdeckt bleiben. Nächster Stopp. Vielleicht 200 - 250 Großaugen-Makrelen hängen träge in der Strömung. Zurücktreten vom Bahnsteig und wieder festhalten. Aber wo? Wir drehen und überschlagen uns verspielt und landen schließlich in einer ruhigeren Zone. Fast eine halbe Stunde hat der Driftdive gedauert, uns manchmal in Sekunden einige Meter herunter und hinauf gezogen und nun genießen wir die Muße uns den Kleinigkeiten zu widmen.
Hinweis: zu meiner Aufenthaltszeit Mitte Mai gab es zwei recht aggressive Riesendrückerfische 54 bei Rock Point, die uns nicht nur mit Scheinangriffen bis zu 40 m verfolgten.

Dieses Verhalten zeigen Riesen-Drückerfische 54 nach Beendigung des Nestbaus, das sie am Boden anlegen und einen Durchmesser von fast 2 m und eine Tiefe von ¾ m erreichen können. Sogar größere Gesteinbrocken schleppen sie mit ihrem kräftigen Kiefer weg. In Koh Tao auf Thailand wurde mir eine Flosse gezeigt, aus der ein handtellergroßes Stück herausgebissen wurde. Auch Archillessehnen, Waden und Kniekehlen sind ein beliebtes Angriffsziel. Selbst in den Hosenboden wurde schon gebissen. Da das Territorium kegelförmig nach oben reicht, sollte man es als Taucher waagerecht verlassen. Angriffe auf Schnorchler habe ich noch nicht gehört. Es empfiehlt sich auf dem Rücken zu schwimmen und die Kerle immer gut im Auge zu behalten. Durch Flossentritte lassen sie sich beeindrucken. Einige (ich meine DIE Drücker!) haben allerdings vollständig einen an der Waffel und greifen alles das ganze Jahr über an. In einigen Fällen mussten diese Psychopathen harpuniert werden, da sie ganze Riffbereiche unsicher machten.
Ein vollkommen dreister Fall wurde von Panagsama / Moalboal / Cebu berichtet. Hier beugte sich ein Fischer über einen erlegten Drücker und wollte ihm nach Art der Väter durch einen Biss ins Genick töten. In dem Augenblick drehte der Fisch den Kopf und biss im in die Zunge - und ließ nicht mehr los. Eine üble Vorstellung mit einem Drückerfisch an der Zunge zum Arzt zu kommen. Der gute Mann hat es überlebt, seine Zunge war auch noch dran, aber für die darauffolgenden drei Tage war nur noch Drückerfischsuppe mit dem Strohhalm drin.

Morgendämmerung
- kann tierisch auf den Wecker gehen

Um 5.10 Uhr philippinischer Zeit startete vor 20 000 Jahren ein Lichtteilchen im Zentrum unseres heimatlichen Wasserstofffusionsreaktors Sonne. Nach 20 000 Jahren hatte das Lichtquant sich die 750 000 km zur Sternoberfläche durchgekämpft und nun den größten Teil des Weges vor sich, nämlich weitere 149 Millionen km. Dafür benötigt es aber nur noch 8 min und 16.3 sec, um schließlich vor Sonnenaufgang, an der Erdatmosphäre gebeugt, in die Netzhaut des linken Auges eines philippinischen Hahns einzuschlagen, der direkt unter meinem Schlafzimmerfenster döst. Durch die Energie des Photons wird ein Bestandteil des Sehpurpurs, das Rhodopsin quasi zerlegt und eine verhängnisvolle Kaskade ausgelöst, ein uraltes Gen angeknipst und ein bestimmtes motorisches Zentrum im Vogelhirn aktiviert. Fatale Folge dieses letztendlich neurochemischen Vorgangs: der Hahn kräht. Und weckt damit auch den trägsten der übrigen 912 Schreihälse. Dies ist der Beginn einer Kakophonie besonderen Grades, bei dem jeder den anderen zu übertönen gedenkt, falls man ernsthaft von Ton im Sinne einer Melodie sprechen will. Jeder stachelt den Nachbarn an und es dauert nicht lange, da tauchen die ersten bedenklichen Krächzer und andere eigenartige Stimmausfälle auf.
Es ist exakt 5.18 Uhr und 16,3 sec und ich stehe senkrecht in meinem Bett, wobei ich das Moskitonetz bedenklich ausbeule. Draußen dämmert es zaghaft und mir, dass ich wach geworden bin, wozu ich eigentlich noch nicht in der Lage bin und sein wollte. Also will ich mir noch eine Mütze Schlaf gönnen, was aber für die nächsten 45 Minuten unmöglich sein wird. Es wird gekräht, oder was die Viecher dafür halten, denn inzwischen geht es schon mehr in ein heiseres Röcheln über, was das Zeug hält. Bald dämmere ich selbst so mehr oder weniger vor mich hin und beschließe im Halbschlaf bei nächstbester Gelegenheit denjenigen zu erschießen, der Meeresbrandung erfunden hat. Angeblich soll dieses gleichförmige Geräusch ja beruhigend sein und das Einschlafen fördern. Aber a) ist es nicht gleichförmig und b) nervend. Entweder war der Urheber dieses Unfugs wohnhaft in den bayrischen Hügeln oder volltrunken, eher beides.
Hunde, die mitten in der Nacht unmotiviert und ununterbrochen bellen, heulen und sich dabei gegenseitig ermuntern, gehören auch erschossen (was auch die Meinung des vermutlich ebenfalls schlafgestörten Dorfsheriffs ist), höre ich mich noch zwischen meinen Traumresten konstatieren, an die ich mich sehnsüchtig klammere, bevor ich in einen unruhigen dreiminütigen REM-Schlaf falle. Ich träume kurz von unserem heutigen phantastischen Schnorchelgang, dann knattern die ersten Auslegerboote vom Strand los. Gut, OK, ich verstehe man muss sein täglich Brot als Fischer und Fährmann hart verdienen. Aber einen gut zahlenden, ruhesuchenden Touristen dadurch zu wecken? Das gehört sich nicht! Langsam bin ich soweit, dass ich mich nach einem schönen, gemütlichen Alptraum sehne. Kaum bin ich wieder jenseits des mythischen Styx angelangt, da fällt mir im Traum ein, dass unser ausgesprochen nettes Zimmer ja geschickterweise genau über der Küche liegt. Richtig erinnert! Just in diesem Moment geht ein munteres Töpfe-, Teller- und Geschirrgeklapper los - warum haben die nicht gestern Abend gespült, als sie nix zu tun hatten und nur apathisch herumhingen??? Aber Morpheus ist gnädig und nimmt mich nochmals in seine entspannenden Arme auf, bevor kurz darauf der Kompressor für die Tauchdruckflaschen anspringt und meinen Hals anschwellen lässt. Zum ersten Mal seit Wochen stehe ich um 6.18 Uhr auf und das alles nur, weil so ein dämliches Photon vor 20 000 Jahren und einer Stunde unbedingt losfliegen musste.
Sowieso noch mit der Zeitverschiebung kämpfend, habe ich Nase gestrichen voll. Hier ist nur Platz für einen von uns beiden, denke ich und fasse einen Entschluss. Statt zu packen bediene ich mich einer List und ich entscheide mich heute Abend mal wieder "halven Hahn" zu bestellen. Gut, OK, er war vollkommen überteuert, dafür knusprig und lecker. So waren es nur noch 912. Damit ist das Thema in einem "abgeschiedenen, idyllischen philippinischen Dorf" wohnen und relaxen für mich endgültig abgeschlossen.

Fast jeder Philippino hat einen wunderschönen bunt metallisch glänzenden Hahn und ist absolut davon überzeugt, dass es der schönste, beste und kräftigste Hahn der ganzen Welt ist. Wenn er reich ist, hat er mehrere, wenn er sehr reich ist, hat er viele. Die Hähne werden gewaschen und geputzt, herumgetragen, liebkost, gehätschelt und gestreichelt, natürlich auch physiotherapeutisch massiert. Durch Hochwerfen in die Luft werden die Muskeln gestärkt, Angriffe auf imaginäre Feinde sollen die Aggressivität steigern. 
Ist kein natürlicher Schatten vorhanden, wird jedem einzelnen Hahn ein eigenes pyramidenförmiges Sonnendach gestellt, allerdings bleibt er immer "an der Leine" angepflockt, andere schleppen wie Sträflinge einen Steinbrocken hinter sich her. Der philippinische Schriftsteller Alejandro Roces schreibt: "Wenn das Haus brennt, rettet der Filippino Hahn, Kinder und seine Filippina." Und zwar GENAU in dieser Reihenfolge!
Da nun jeder glaubt den allerbesten Hahn der Erde zu besitzen, verlangt das männliche philippinische Selbstbewusstsein, dies erfolgreich gegenüber Nachbarn, Freunden, Neidern und anderen Hahnbesitzern zu beweisen. Wer sich unter den Haltern nach Erfolgen erkundigt findet praktisch nur Gewinner. 

In fast jeder größeren Stadt befindet sich ein Cockpit-Stadion, an eine Basketballarena erinnernd und teilweise auch doppelt genutzt, auf dem Lande reicht ein freies Stück Boden. Fast täglich kann man Philippinos auf der Straße oder in Hinterhöfen antreffen, wo die Kontrahenten Trainingskämpfe abhalten. Dazu werden die Sporne mit kleinen "Boxhandschuhen" entschärft und der Spaß kann beginnen. Die Kenner beratschlagen über mögliche Kampfpaarungen innerhalb festgelegter Gewichtsklassen und stellen dabei insgeheim erste Vermutungen über Gewinnquoten an.
Für den "echten" Hahnenkampf - auch Sabong genannt -, der nicht selten zum Tod des Gegners führt, werden die Hühnervögel mit einer 5 cm langen rasiermesserscharfen Sichel am rechten Sporn ausgerüstet. In größeren Städten stehen sogar Messerausleiher, die so genannten Mananari, bereit. Der Gewinner zahlt einen gewinnorientierten Obolus, der Verlierer nichts. So ist der Mananari immer bemüht, aus den Dutzenden von Klingen die richtigen auszusuchen. Reiche Philippinos haben ihre eigene, meist noch vom Großvater vererbte Messersammlung in einem edlen Köfferchen bei sich.
Um niederträchtige Gifteinsätze im Ansatz zu unterbinden putzt der Schiedsrichter vor dem Kampf die Klingen ab. Schaulust an dem oft blutigen Gemetzel und - eigentlich verbotene - Wetten heizen die Stimmung unter den sonst zurückhaltenden Philippinos an. In dieser reinen Männerwelt gucken Philippinas höchstens am Rande zu und hoffen inständig, dass der meist geliehene Einsatz ihres Mannes gegen eine beliebige gleich hohe Summe des Gegners, in die eigene Haushaltskasse wandert. In einigen Bereichen der Philippinen wechselt auch der unterlegene Hahn den Herrn und bereichert in der Regel das familiäre Abendessen.

Begattungsakte vor dem Kampf werden unterbunden, weil sie angeblich dem Kampfgeist des Federmachos schwächen. Einige Besitzer achten sogar darauf, dass der Hahn nicht von einer Frau berührt wird, die sich in der Menstruationsphase befindet. Solche Berührungen gelten als vorzeitiges Todesurteil. Auch der Kontakt mit Witwen kann Unheil bringen. Zu den irrationalen Empfehlungen gehört zudem, dass man den Hahn mit der in einer Messe abgesegneten Unterwäsche einer Jungfrau in Berührung kommen lässt. Andere Maßnahmen zur Steigerung der Wildheit sind die Unterbringung im Dunklen, das Blasen von Zigarettenrauch in die Augen oder das Bestreichen des Afters mit Chili. Fast schon friedlich zu nennen sind da schon die Verabreichungen von Testosteron zur Reaktionsverbesserung und Aggressionsförderung, Digitalispräparaten zur Herzbeschleunigung oder von Vitamin K zur besseren Wundschließung. Kein Wunder also, dass ich heute in der Fernsehwerbung einen Spot gesehen, bei dem mir erst ganz zum Schluss klar geworden ist, worum es sich handelt: ein Mittel gegen Sodbrennen bei Hähnen!!

Zum Auftakt gehen die Dorfmatadore mit den Duellanten in den Händen in gebückter Haltung aufeinander zu und wieder zurück, um ihren Hahn in Kampfstimmung zu versetzen. Dies ist die Minute des Buchmachers, der an den Verhaltensweisen erkennt, mit welchen Quoten er ein Geschäft machen kann - egal wer gewinnt. Als sei er selbst in einen Hahnenkampf verwickelt, fuchtelt er mit den Armen herum und versucht gestikulierend nun das eh schon erregte Publikum zum Wetten zu animieren. Für Außenstehende kaum durchschaubare Hand- und Fingergesten zeigen den Einsatz an, der Gewinner erhält z.B. für 1000 Pesos 2000 zurück, für viele ein Wochenlohn, umgerechnet etwa 40 $.

Endlich stehen die gefiederten Gladiatoren gegenüber und versuchen sich gegenseitig durch Aufplustern und Aufstellen der Federn zu einer Halskrause zu beeindrucken. Das Präludium beginnt mit einem abwartenden Umkreisen, Flügelschlägen und ersten Scheinangriffen. Unter nur gelegentlichem Aufgackern, dafür reicht wohl die Luft nicht aus, ist bald ein wüstes Gebalge im Gange, so dass die Federn fliegen. Schließlich stürzt sich der Terminator wütend auf seinen Gegner, versucht ihn zu überflattern und führt dabei den entscheidenden Stoß aus. Ist der Gegner kampfunfähig, muss der Gewinner ihn zweimal anpicken. Verweigert er dieses Ritual, kann der Kampf als unentschieden gewertet werden, selbst wenn der Gegner tot ist. Vielfach werden die Kampfhähne allerdings schon getrennt, wenn eine eindeutige Überlegenheit erkennbar ist.
Verletzte werden zusammengeflickt, Tote haben den Stolz verletzt, werden degradiert und sehen sich überraschend pragmatisch ihrer eigentlichen Bestimmung nach in einem Kochtopf wieder; allerdings sind sie meist recht zäh. In den noch verbliebenen stark traditionellen Gegenden der Philippinen ist aber selbst dies den Frauen untersagt, die Machokräfte des Hahnes könnten ihre zarte Weiblichkeit überfordern. Niemals würde dies einem Sieger widerfahren, ihm ist ein Ehrenplatz in der Familie sicher, unter Umständen sogar ein eigenes Grab gewiss, bei besonderen Verdiensten gar ein Denkmal aus Beton.

Jede Diskussion über Tierschutz oder Grausamkeit ist sinnlos, denn der Philippino liebt ja seinen Hahn deutlich sichtbar heiß und innig, beschäftigt sich mit ihm oft mehr als mit den eigenen Kinder. Niemand darf es wagen ihm zu widersprechen, er würde an Stelle seines wertvollsten Besitzes persönlich herausgefordert. Für ihn es kein Schmerzen empfindendes Lebewesen, sondern Spiegelbild seiner eigenen Ausdauer und Kraft und gefiederte Projektionsfläche der Hoffnung von Aufstieg, Anerkennung und Wohlstand.

Der Besitzer darf sich über seinen siegreichen Gockel freuen. Mit jedem Kampf - häufig ist selbst der Sieger derartig zerfleddert, dass es meist sein einziger Kampf bleibt - steigt der Zuchtwert, der im Extremfall ein kleines Vermögen darstellen kann. Darum wird immer wieder das Glück versucht, ein neuer Hahn hinzu gekauft, der alleine schon deswegen ein Gewinner zu sein scheint, wenn er besonders grimmig drein gucken kann. Arme Filipinos auf dem Land selektieren ihre Kampfhähne aus preiswerten, einheimischen Hühnern. Spitzenkampfhähne werden jedoch systematisch gezüchtet.
Steht hinreichendes Kapital zur Verfügung importiert man gerne aus den USA ein "Trio", bestehend aus einem Kampfhahn und zwei Hennen. Die Preise für ein Trio sind jedoch mit 1000 - 25.000 $ für einen Normalverdiener mit umgerechnet 100 - 200 $ pro Monat unerschwinglich. Dies bleibt der vielfach durch undurchsichtige Geschäfte und Vetternwirtschaft extrem reich gewordenen Oberschicht vorbehalten. Beliebte Rassen sind u.a. die Roundheads, Clarets oder Greys. Bestimmte Rassen und "super blood lines" können "in" beziehungsweise "out" sein. Generell werden sie als "Texas-cocks" bezeichnet. Sie sind nicht besonders schön, gelten aber als besonders stark und ausdauernd und können im Vergleich zu ausschließlich einheimischen Hähnen (native cocks) angeblich viermal mehr Hiebe austeilen.
Auf den Philippinen selbst werden die meisten Kampfhähne auf der Insel Negros herangezüchtet. Hier sind die investitionsstarken Top-Züchter zu Hause, so u.a. ein Bruder der Ex-Präsidentin Cory Aquino. Die Zuchtprogramme sind wissenschaftlich ausgelegt und kostenintensiv. Es ist hier von Preisen von 100 - 200 $ für einen Kampfhahn aus guter Erblinie die Rede. Aufzucht und Kauf sind mit Risiken verbunden. Erfolgreiche Hähne lassen sich auch unter Zuhilfenahme moderner Technik wie Brutkästen nicht so ohne weiteres reproduzieren. Wie in den Humanwissenschaften generell, so gibt es auch unter den Kampfhahnzüchtern unterschiedliche Ansichten darüber, welches Gewicht das genetische Erbe oder die Aufzucht beziehungsweise das Training für den Erfolg eines Kamphahns hat. Vorherrschende Ansicht ist jedoch, dass der Kampfstil - bestimmt unter anderem durch Tempo, Kraft, Angriffshöhe und zielgerichtete Hiebe - eines Hahnes eher erbbedingt ist. Das Training könne den Kampfstil nur verbessern. Ein erfolgreicher Züchter wird bei seinen Absatzbemühungen jedoch immer auf Kampferfolge seiner Zuchtlinien in den pits (Kampfstätten) verweisen. Ein Züchter mittlerer Größe produziert etwa 200-300 Hähne pro Jahr.
Nach dem Kauf sollte ein Hahn seinen Weg vom "baby stag" (unter einem Jahr), "battle stag" (unter zwei Jahren) zum "battle cock" (ab zwei Jahren) nehmen. Sollte sich jedoch im Training oder Sparring eine Kampftuntauglichkeit ergeben, empfehlen einige Züchter die Tötung der jungen Tiere, um die Qualität der Stämme zu gewährleisten ("because they may delete the purity of the blood lines").
(Anregungen zu Aufzucht und Preisen aus einem Beitrag von wbethge im Forum Philactivities.de.)


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